Mit unrasierten Beinen und einem kurzen Kleid aus dem Haus zu gehen ist für viele Frauen ein No-Go. Sie schämen sich für ihre Beinbehaarung, denn es entspricht nicht der gesellschaftlichen Norm: Behaart ist nur das männliche Geschlecht und glatte Beine stehen für Weiblichkeit. Bis vor Kurzem habe ich genauso gedacht.
Rasieren, epilieren, wachsen, lasern, oder nichts dergleichen?
Jedes Härchen an meinen Beinen musste abrasiert werden. Und zu meinem Pech sind meine Beinhaare sehr widerstandsfähig. Ich verbrachte eine lange Zeit unter der Dusche, um meine Beinbehaarung in den Griff zu bekommen. Ich probierte verschiedene Rasierer und Epilierer aus, die jedoch alle nach der ersten Rasur schon versagten. Also probierte ich Wachs aus, aber auch dann blieben noch Haare an den Beinen über, die einfach nicht verschwinden wollten. Aus meiner Verzweiflung hin versuchte ich mein Glück mit dem Lasern. Ich ging sogar zu einer Fachfrau, die mich auch mehrere tausende von Euro gekostet hatten und am Ende der vielen Sitzungen hatte ich immer noch dicke, schwarze Haare an den Beinen.
Denn auch die Fachfrau war mit meiner Beinbehaarung verzweifelt gewesen!
Es war also egal, wie viel Zeit oder welche Methode ich bei der Beinrasur anwendete: Nie hatte ich solche tolle, glatte Beine wie meine Freundinnen oder die Frauen aus der Werbung! Ich war mit dem Ergebnis meiner Rasur nie zufrieden gewesen, denn irgendwo fand ich immer noch ein schwarzes Haar am Bein. Und bereits am nächsten Tag schien es so, als hätte ich mich nie rasiert. Ich schämte mich so sehr dafür.
Mein Mann bemerkte, wie sehr mich meine Beinbehaarung – besonders im Sommer mit einem kurzen Kleid – belastete und rief mir eines Tages ins Bewusstsein: “Du rasierst dich nur, wenn du außer Haus gehst. Also nur für andere Menschen.”
Ich bejahte sein Gesagtes sofort. “Ja, natürlich. Frauen müssen nun mal rasierte Beine haben. So ist es momentan die Mode. Und auch wenn es nicht die Mode wäre: Unrasierte Beine sind mir peinlich. Ich sehe sonst ungepflegt aus. Wie ein Affe.”
Aber mit der Zeit verinnerlichte ich seine Worte. Er hatte Recht: Ich wendete so viel Zeit und Energie in das Rasieren auf. Und das nur, weil ich den anderen Menschen gefallen wollte! Um der Norm zu entsprechen. War es die Nerven wert? Ist es wirklich lebenswichtig, glatte Beine zu haben? Nur um der Mode zu entsprechen? Ganz klar: Nein, es gibt viel wichtigere Dinge im Leben.
Wohlfühlen mit unrasierten Beinen
Es kostete mich eine Überwindung, als ich das erste Mal mit unrasierten Beinen und kurzem Kleid das Haus verließ und es fiel meinem Umfeld sofort auf. Prompt sagte meine Freundin zu mir: “Ich finde es klasse, dass du deine unrasierten Beine zeigst. Das ist so mutig und sollten viel mehr Frauen machen. Ich habe mich bisher noch nicht getraut.”
Natürlich bestärkte mich das Lob meiner Freundin noch mehr in meinem Tun. Ich ließ meine Beinbehaarung den kompletten Sommer weiter wachsen.
Unangenehm war es mir vor allem in den ersten Wochen. Wenn ich mich mit einer Person unterhielt, starrte ich unentwegt meine Beine an. “Ich sehe aus wie ein Mann! Obwohl mein Mann wahrscheinlich weniger Haare an den Beinen hat als ich!”, kreisten die Gedanken ständig in meinem Kopf. Zwar sprach mich niemand mehr auf meine behaarten Beine an, aber trotzdem hatte ich immer wieder das Bedürfnis, mich zu rechtfertigen und klarzustellen, warum ich mit behaarten Beinen durch die Gegend lief. Ich hätte gerne gesagt, dass das ein Experiment sei. Was es ja auch war. Schaffe ich es, mich mit unrasierten Beinen wohlzufühlen? Es hätte so gut getan, mich zu rechtfertigen, mein Vorhaben den anderen Menschen zu erklären. Aber allein das Bedürfnis mich zu rechtfertigen, zeigte mir, dass ich mich noch nicht wohl in meiner behaarten Haut fühlte. Also versuchte ich mich zurückzuhalten.
Lebe locker, lebe leicht: Erweitere deine Komfortzone
Und tatsächlich habe ich mich nun an meine Beinbehaarung gewöhnt. Sobald ich einen Blick auf meine Beine werfe, fallen mir meine unrasierte Beine kaum noch auf. Nur wenn ich meine Beine im Spiegel ansehe, denke ich immer noch, ich hätte die Beine eines Mannes. Ich fühle mich weniger weiblich. Obwohl die Behaarung zu mir und meinem Dasein gehört und ich mich nicht dafür zu schämen brauche, weil es das Natürlichste auf der Welt ist, gefällt es mir nicht und stört mich hin und wieder. Aber ich rufe mir dann immer wieder ins Gedächtnis: Ich spare jetzt nicht nur Zeit unter der Dusche, sondern auch Energie und Nerven. Seitdem fühle ich mich viel besser. Ich bin einen großen Ballast losgeworden.
Wieder einmal habe ich mich davon überzeugen können, wie wichtig es ist, aus der Komfortzone zu steigen. Unerwartet bin ich mir selbst wieder ein Stück näher gekommen und habe gelernt, mich mehr zu akzeptieren wie ich bin. Mit jedem Beinhärchen.
Und ich bin mir sicher: Eines Tages werde ich mich auch mit meiner Beinbehaarung weiblich fühlen!
Wenn du auch deine Komfortzone erweitern möchtest, dann verweise ich dich gerne auf mein Buch “Löffle dein Leben” sowie auf meine Blogartikel “Ungeschminkt: Wahre Schönheit kommt von innen”, “Was kommt auf die Löffelliste? Auf jeden Fall Eis, Eis, Baby” und “Löffelliste Idee: Wie wäre es mit einem Besuch in einer Oper?”.